Kulinarische Vielfalt in der Dollstrasse

Mit Ehrenbürger Hermann Regensburger in der Altstadt unterwegs

Ehrenbürger Hermann Regensburger
Ehrenbürger Hermann Regensburger

Die Gassen und Straßen von Ingolstadt – nur wenige kennen sie besser als Hermann Regensburger. Im zweiten Teil der redaktionellen Serie beschreibt der Ingolstädter Ehrenbürger, wie sich die Dollstrasse zum Zentrum der Gastronomieszene entwickelt hat. Sein Begleiter beim Spaziergang: der bekannte Fotograf Ritchie Herbert.

Von Hermann Regensburger

Die Drosselgasse in Rüdesheim ist die wohl bekannteste Fressmeile in Deutschland. Nur 140 Meter lang, reihen sich hier zehn Lokale aneinander, in denen den ganzen Tag rheinische Fröhlichkeit herrscht.

Die Dollstrasse – Ingolstadts „Fressmeile“

Auch Ingolstadt hat seine „Fressmeile“, die Dollstrasse, nur wenig länger, aber mit zwölf Lokalen unterschiedlichster Art bestückt, von McDonald´s  bis zur Cocktailbar IN de luxe. An lauen Sommertagen und –nächten ist auf den Freisitzen nur schwer ein Platz zu finden. Bayerisch, türkisch, asiatisch, griechisch und spanisch kann man sich hier verwöhnen lassen. Es gibt kaum einen schöneren Straßenzug, mit Blick auf die mächtige Hohe Schule im Westen und den von der Abendsonne beleuchteten Pfeifturm und den Kirchturm der Moritzkirche im Osten.

Die Dollstrasse, das Zentrum der Gastronomieszene
Die Dollstrasse, das Zentrum der Gastronomieszene

Vor dem Ausbau zur Fußgängerzone war die Dollstrasse eine eher langweilige Durchgangsstraße; bis sich nach und nach hier eine interessante Gastronomieszene ansiedelte. Gut gemeinte Strassenplanung kann von der tatsächlichen Entwicklung überrollt werden. Vor den Schaufenstern wurden damals wegen der besseren „Fußläufigkeit“ auf beiden Seiten Laufbänder mit Platten verlegt. Heute steht dort die Außenbestuhlung und die Passanten müssen über das mittelalterliche Kopfsteinpflaster stolpern.

Ihr ursprünglicher Name war Schwaigergasse, benannt nach dem dort ansässigen Schwaigerwirtshaus, bis sie schließlich 1899 nach dem verdienten Ingolstädter Bürgermeister Matthias Doll (1816 – 1898), der 40 Jahre als Stadtoberhaupt amtierte, umbenannt wurde.

Im Mittelalter gehörte die Dollstrasse zu den gehobenen Wohngegenden Ingolstadts. Hier standen nicht nur die repräsentativen Häuser der ältesten Ratsgeschlechter, sondern es wohnten dort auch viele Professoren der benachbarten Universität. Interessant ist die Verengung der Straße bei der Einmündung in die Moritzstrasse. Dadurch sollte der Lärm aus der Hauptverkehrsachse Moritzstrasse abgeschirmt werden.

Auch ein Stück Ingolstädter Brauereigeschichte findet sich in der Dollstrasse. Wo heute die gutbürgerliche bayerische Gaststätte Daniel die Dollstrasse im Westen abschließt, stand der Danielbräu. Im Jahre 1873 wurden zwei der leistungsfähigsten Ingolstädter Brauereien, der „Danielbräu“ und der „Herrnbräu“, zur „Aktienbrauerei“ zusammengeschlossen. Anknüpfend an diese Tradition wurde vor kurzem im Obergeschoss eine kleine Hausbrauerei eröffnet. Das süffige „Daniel“ wird in der zugehörigen Gaststätte, ausgeschenkt. Wenn Wände sprechen könnten, dann hätten die der Gaststätte Daniel viel zu erzählen. Schließlich kann das älteste Gasthaus der Stadt auf eine über 500-jährige Geschichte zurückblicken.

Ritchie Herbert, der Fotograf von Ingolstadt
Der Ingolstädter Fotograf Ritchie Herbert

Für das Brauen des obergärigen Weißbiers war in Bayern eine spezielle Genehmigung notwendig. Denn bis 1789 war dies ein Monopol der Landesherren. In Ingolstadt besaßen seit 1723 die Ordensschwestern vom Kloster Gnadenthal das kurfürstliche Recht zum Weißbierbrauen. Sie übten das Braurecht bis 1904 aus. Zeitweilig hatte das Kloster sein Braurecht verloren, weil die Schwestern nicht nur für den Eigenbedarf brauten, sondern das Bier unerlaubter Weise auch an die Bevölkerung ausschenkten – vorgeblich als Medizin.

Im Jahr 1874 kam es zur Gründung des Weissbräuhauses in der Schwaigergasse (heute Dollstraße) durch einen Josef Hörlein. 1896 kaufte Josef Glossner das Weissbräuhaus.  Im Jahr 1929 übernahm das Bürgerliche Brauhaus den Betrieb der damals noch einzigen eigenständigen Weißbierbrauerei in Ingolstadt. 1959 wurde der Brauereibetrieb in der Dollstraße eingestellt. Die reifere Jugend erinnert sich bestimmt noch an das „Why not“, eine beliebte Disco, die bis zur Renovierung im Weissbräuhaus bestand.

Gegenüber, wo heute ein türkisches Restaurant untergebracht ist, war die “Wölfl Bar”, das wohl bekannteste Nachtlokal Ingolstadts. Den Namen Nachtlokal rechtfertigte allerdings nur die Tatsache, dass das Lokal bis 4 Uhr geöffnet hatte. Es war auch das erste Lokal mit Tischtelefonen. Ansonsten ging es dort sehr gesittet zu, wovon sich der Schreiber dieser Zeilen kurz vor seinem 18. Geburtstag leicht enttäuscht persönlich überzeugt hat.

Fotos: Ritchie Herbert

1 Kommentar zu Kulinarische Vielfalt in der Dollstrasse

  1. Das mit den Tischtelefonen war eine kurze Episode nach der Ära Wölflbar unter der Familie Wölfl.

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