Mieten sinken in Ingolstadt

IVD-Mietmarktbericht Bayern Herbst 2020: trotz Pandemie keine Dämpfungseffekte

Stärker als die Kaufpreise sind die Schanzer Mieten gesunken
Stärker als die Kaufpreise sind die Schanzer Mieten gesunken

Der Immobilienmarkt in Ingolstadt nimmt aufgrund der Dieselkrise rund um den Automobilkonzern Audi eine Sonderrolle ein. Stärker als die Kaufpreise sind die Mieten gesunken, so eine aktuelle Analyse.

Das Marktforschungsinstitut des IVD Süd e.V. hat am 17.12.2020 auf einer Pressekonferenz den traditionellen Marktbericht „Wohnimmobilien Mietobjekte Bayern Herbst 2020“ vorgestellt. Der Bericht gibt Auskunft über aktuelle Mietpreise sowie Markttrends auf dem bayerischen Mietmarkt und kann auf www.ivd-sued-shop.de erworben werden. immonews.IN, der Nachrichtendienst für Immobilienpreise und Mieten im Großraum Ingolstadt, dokumentiert eine IVD-Pressemitteilung.

„Den höchsten Wohnkostenanteil am Haushaltseinkommen im Vergleich der untersuchten bayerischen Groß- und Mittelstädte im Herbst 2020 verzeichnet die Landeshauptstadt München mit 30 %, mit etwas Abstand folgen Regensburg mit 27 % sowie Würzburg und Augsburg mit jeweils 26 %“, so Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts. „In Ingolstadt wurde mit 18 % der niedrigste Wohnkostenanteil am Haushaltseinkommen ermittelt.“ Der Wohnkostenanteil am Haushaltseinkommen ist der Teil des Konsumbudgets privater Haushalte, der für den Bereich Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung verwendet wird.

„Die im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie erhofften Miet-Dämpfungseffekte bei den Mieten in Bayern sind im Herbst 2020 nicht eingetreten“, so Prof. Stephan Kippes. Die Mieten steigen unaufhaltsam im Durchschnitt um +3 % im Halbjahresvergleich weiter. Insbesondere in den bayerischen Mittelstädten Neu-Ulm, Schweinfurt und Bamberg konnten vergleichsweise hohe Steigerungen beobachtet werden: In Neu-Ulm liegen die Zuwächse bei allen untersuchten Objekttypen im Halbjahresvergleich zwischen +4,7 % und +7,4 %, in Bamberg zwischen +2,0 % und +4,7 %. In Schweinfurt stiegen die Mieten bei Häusern (Bestand- und Neubauobjekte) zwischen +4,0 % und +9,5 % deutlich an.

Im Gegensatz dazu zeigt sich „in den meisten Großstädten Bayerns ein verhaltener Preisauftrieb bei den Mieten“, stellt der Vorsitzende des IVD Süd Martin Schäfer fest. „Neben der Landeshauptstadt München stechen Würzburg und Augsburg mit teilweise deutlich spürbaren Mietzuwächsen zwischen +3 % und +6 % heraus.“

Eine Sonderrolle unter den Großstädten nimmt Ingolstadt ein. Infolge der Dieselkrise und damit einhergehender Arbeitsplatzsituation beim Automobilkonzern Audi wurden auf hohem Basisniveau deutliche Rückgänge bei den Wohnungsmieten (Neuvertragsmieten) gemessen. Während die Mietrückgänge im Frühjahr 2020 bei bis über -8 % im Halbjahresvergleich lagen, geht die Talfahrt im Herbst 2020 weiter, allerdings abgeschwächt mit bis zu -3,5 %.

Die Landeshauptstadt München

Die Pandemie hat die Anforderungen an Immobilien verändert. Aktuell stehen Wohnungen mit Balkon und Häuser mit einem Gartenanteil hoch im Kurs. Darüber hinaus wird ein zusätzliches Zimmer – wenn finanziell möglich – mit eingeplant, um auch im Homeoffice arbeiten zu können. Da dies zumeist nicht möglich ist, wird die Wohnung auf die Homeoffice-Tauglichkeit kritisch geprüft.

In München sind seit 2011 steile Anstiege sowohl bei den Kaufpreisen für Immobilien als auch bei den Mieten zu verzeichnen, wobei die Kaufpreise deutlich stärker angezogen haben als die Mieten. Zwischen den Jahren 2000 und 2020 wurde in München eine Verteuerung der Kaufimmobilien um +203 % festgestellt. Die Mieten verzeichneten einen Zuwachs von „lediglich“ +68 %.

Der IVD-Untersuchung zufolge ist im Herbst 2020 keine coronabedingte Seitwärtsbewegung mit konstanten Neuvertragsmieten zu erkennen, die Mietpreisdynamik hält weiter an. Im Halbjahresvergleich (Frühjahr – Herbst 2020) erzielen Häuser zur Miete gegenüber Mietwohnungen deutlich höhere Preisanstiege: Für Doppelhaus-älften mussten Mieter +5,0 % bzw. +4,8 % (Bestand- bzw. Neubauobjekte) mehr zahlen als vor einem halben Jahr. Die Mietzuwächse bei Reihenmittelhäusern be-wegen sich auf dem gleichen Niveau (Bestandsobjekte +5,0 % und Neubauobjekte +5,1 %).

Bei den Wohnungsmieten wurde ein Anstieg bei Altbau- und Bestandswohnungen von +1,4 % bzw. +1,2 % und bei Neubauwohnungen von +2,6 % im Halbjahresvergleich gemessen.

Entwicklung in ausgewählten bayerischen Groß- und Mittelstädten:

Augsburg

Die Anspannung des Mietwohnungsmarktes in Augsburg hat sich in den letzten Jahren intensiviert. Die Stadt erfreut sich aufgrund ihrer guten Infrastruktur, dem hohen Freizeitwert sowie der guten Arbeitsmarktsituation großer Beliebtheit und hat in den letzten Jahren stetigen Zuzug erfahren. Wegen der überhitzten Immobilien-marktsituation in München sind Ausweicheffekte von Interessenten in Richtung Augsburg aufgrund des niedrigeren Preisniveaus klar erkennbar. Die Mieten sind im Herbst 2020 nochmals gewachsen, speziell die Erstbezugsmieten für Wohnungen und Reihenmittelhäuser mit jeweils rd. +4 % lassen sich hervorheben.

Ingolstadt

Der Immobilienmarkt in Ingolstadt nimmt in der bayernweiten Betrachtung eine Sonderrolle aufgrund der Dieselkrise rund um den Ingolstädter Automobilkonzern Audi ein. Seit einiger Zeit ist eine Konsolidierung der Kauf- und Mietpreise, die lange von einer dynamischen Aufwärtsentwicklung geprägt waren, zu beobachten. Während die Miet- und Kaufpreise zwischen 2015 und 2018 moderat bis deutlich zulegten, stellten sich seit der Dieselkrise und der damit einhergehenden wachsenden Verunsicherung um den Arbeitsplatz sinkende Preise ein. Stärker als die Kaufpreise sind die Mieten gesunken.

Nürnberg

In Nürnberg steigen zwar die Wohnungsmieten, allerdings eher verhalten. In Rela-tion dazu fallen die Anstiege bei den Kaufpreisen stärker aus. Generell ist der Nürnberger Mietmarkt nicht als überhitzt zu bezeichnen. Mietsteigerungen werden in der Regel bei Mieterwechseln in moderatem Rahmen vorgenommen. Sowohl im Bereich der Mietwohnungen als auch der Häuser zur Miete sind im Herbst 2020 Anstiege zu verzeichnen.

Würzburg

Der Mietwohnungsmarkt in Würzburg wird sehr stark durch die große Anzahl an Studierenden im Stadtgebiet beeinflusst. Auf die rd. 130.000 Einwohner in Würz-burg kommen rd. 35.000 Studenten. Engpässe sind nicht nur bei 1- bis 3-Zimmer-wohnungen festzustellen. Durch das Bilden von Wohngemeinschaften werden auch größere Wohnungen von Studenten nachgefragt. In diesem Segment stehen die Studierenden in direkter Konkurrenz zu Familien, die auch in zentralen Lagen nach entsprechendem Wohnraum suchen. Hohe Mietanstiege sind im Herbst 2020 insbesondere bei Häusern zur Miete ermittelt worden, bei Wohnungsmieten fallen die Zuwächse verhaltener aus und liegen zwischen +1 % und 2 % im Halbjahresvergleich.

Im Einzelnen berichtete Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts, von folgenden marktrelevanten Tendenzen:

  • Nominaler vs. inflationsbereinigter Anstieg der Mietpreise: Bei den Mietpreisen für Bestandswohnungen mit einem guten Wohnwert konnte in Bayern zwischen den Jahren 2000 und 2020 ein nominaler (also nicht-inflationsbereinigter) Anstieg von +84 % gemessen werden. Inflationsbereinigt liegt der Mietanstieg bei +45 %.
  • In München fiel die nominale Mietsteigerung für Wohnungen/Bestand im 20-Jahresvergleich mit +68 % niedriger als im bayerischen Durchschnitt aus. Der inflationsbereinigte Mietanstieg beträgt in München +34 %. Während die Inflationsrate seit dem Jahr 2000 um +29 % anstieg, fielen die Wachstumsraten der Mietpreise mit +77 % für Altbauobjekte, +68 % für Bestandsobjekte sowie +69 % für Neubauten deutlich höher aus.
  • Baugenehmigungen in München rückläufig: Die Zahl der Baugenehmigungen in München geht seit 2017 jährlich deutlich zurück. Nach einer IVD-Hochrechnung werden bis Ende 2020 -3,5 % weniger Wohnungen genehmigt als im bereits baugenehmigungsschwachen Jahr 2019.
  • Wohnflächenverbrauch steigt: In Bayern werden trotz steigender Mieten immer größere Wohnungen nachgefragt. Die Wohnfläche pro Person betrug 2019 im Durchschnitt 48,2 m² und lag damit um +29 % höher als im Jahr 1990. In der Metropole München fällt die beanspruchte Wohnfläche (39,3 m² pro Person) niedriger als im gesamtbayerischen Durchschnitt aus. In den vergangenen 30 Jahren hat der Wohnflächenverbrauch um „nur“ +11 % zugelegt. Der beachtliche Anstieg der Pro-Kopf-Wohnfläche resultiert im erheblichen Umfang aus einer steigenden Anzahl an Ein-Personen-Haushalten (München: 54 %), die viel Wohnfläche beanspruchen. Außerdem erhöhen die Heimarbeitsplätze den Wohnflächenbedarf.
  • Arbeitsmarkt leidet unter Corona-Krise: In Folge der Corona-Krise stieg die Arbeitslosigkeit sprunghaft an. Betrug die Arbeitslosenquote in München im November 2019 noch 3,3 %, so kletterte der Wert im November 2020 auf 4,9 %. Im bayerischen Großstadtvergleich wurden in Nürnberg und Augsburg mit 6,3 % bzw. 6,2 % die höchsten Arbeitslosenquoten verzeichnetet. Die geringste Arbeitslosenquote wurde mit 3,8 % in Ingolstadt registriert (Stand November 2020).

 

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